Bei uns war ein wirklich jüdisches Leben

Die Kultusgemeinde St. Pölten und ihre Vernichtung
Dauerausstellung in der Ehemaligen Synagoge St. Pölten bis Oktober 2022

Die 1863 gegründete Kultusgemeinde St. Pölten mit ihrem weiten Einzugsgebiet hatte ca. 800 Mitglieder. 1859 und 1906 wurde ein Friedhof angelegt, 1913 die Synagoge, der heutige Ausstellungsort, eingeweiht. 1938 lebten 577 jüdische Menschen in der Stadt, heute nur noch einer. Diese lapidaren Zahlen veranschaulichen Blütezeit und Zerstörung einer lebendigen Gemeinschaft.

Erinnerungen, Dokumente und Fotos, die oft auf abenteuerliche Weise über den Krieg gerettet wurden, zeigten das Leben der jüdischen Gemeinde St. Pölten: religiöse Praxis, Alltag, das rege Vereinsleben insbesondere der zionistischen Jugend, Freizeitgestaltung und Antisemitismus. Nach dem „Anschluss“ im März 1938 entzog das NS-Regime, wie in ganz Österreich, auch den Juden in St. Pölten systematisch die Lebensgrundlage. Die Ausstellung dokumentierte die judenfeindlichen Maßnahmen und zeichnet den Weg einzelner Menschen ins Exil nach. Den meisten der weniger Begüterten gelang jedoch die Flucht nicht mehr; sie wurden zwangsweise nach Wien übersiedelt und von dort in die Lager deportiert und ermordet. Eine Station widmete sich den wenigen KZ-Überlebenden, von nichtjüdischen Rettern Versteckten und Partnern einer sog. „geschützten Mischehe“. Die rechtzeitig Ausgewanderten erfuhren einen sozialen Abstieg und den Verlust von Heimat, Sprache und ihren nahen Angehörigen.

371 Mitglieder der Kultusgemeinde St. Pölten wurden durch die Nationalsozialisten ermordet, eine Gedenkinstallation mit ihren Namen und Fotos befand sich bereits in der Synagoge. Ebenfalls gezeigt wurden die künstlerischen Ergebnisse eines Schulprojekts, das sich 2004 eindrucksvoll mit der Erinnerung an diese Opfer beschäftigte. Heimkehr, Bemühen um Rückstellung des geraubten Besitzes und die Schwierigkeiten mit der offiziellen Politik des Vergessens waren ein weiterer Inhalt dieser Ausstellung. Fotos und schriftliche wie mündliche Erinnerungen ermöglichten vor allem Schüler/innen einen persönlichen Zugang zu dieser noch immer verdrängten Geschichte.

Einen Beitrag von Martha Keil zur Ausstellung finden Sie |hier|

Für die Unterstützung der Ausstellung danken wir:
Land Niederösterreich – Kultur
Stadt St. Pölten
Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus
Zukunftsfonds der Republik Österreich
Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG

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